Das haben wir gemacht

Grundlage unseres Projekts war eine umfangreiche Recherche zum Thema Maskulinismus und Antifeminismus auf TikTok. Neben diversen BĂŒchern, Artikeln, Podcasts, Interviews etc. haben wir uns Fake Profile angelegt und mit ihnen eine Recherche auf der Plattform selbst durchgefĂŒhrt. Als Zielpublikum haben wir uns auf MĂ€nner zwischen 18 und 24 Jahren festgelegt, die sich am Anfang von maskulinistischen Radikalisierungsschleifen befinden. Um genau dieses Publikum spĂ€ter auf der Plattform zum Zuschauen zu motivieren, mussten wir inhaltliche und Ă€sthetische AnsĂ€tze entwickeln, die mit dessen Lebenswirklichkeit zu tun haben. Wir mussten lernen, die Themen, Sprache, Ästhetik und Codes dieser jungen MĂ€nner zu verstehen.

Es ist ein integraler Bestandteil eines maskulinistischen Radikalisierungsprozesses, MitgefĂŒhl und Achtsamkeit von sich wegzuweisen, weil sie nicht einer mĂ€nnlichen Idealkonstruktion entsprechen.

Uns war deshalb schnell klar, dass wir mit einem empathischen Ansatz arbeiten mussten, der aus der Perspektive der jungen MĂ€nner spricht und Impulse gibt, die sie annehmen und von denen sie sich im besten Fall nicht vor den Kopf gestoßen fĂŒhlen.

Unsere Zielsetzung fĂŒr das Projekt war es, repressive Konstruktionen von MĂ€nnlichkeit fĂŒr das Zielpublikum als gewaltvoll zu markieren und sie zu dekonstruieren – vor allem in Bezug auf die Themen “GefĂŒhle zeigen und spĂŒren können” und “Kommunikation dieser GefĂŒhle”. Wir wollten Jungen und jungen MĂ€nnern die Potenziale und Notwendigkeiten eines empathischen Miteinanders, einer sensiblen Aufmerksamkeit fĂŒreinander und eines achtsamen Umgangs mit den eigenen GefĂŒhlen vermitteln.

Trotz der KomplexitĂ€t des Themas und der hohen Aufmerksamkeitskonkurrenz ist es auf TikTok nur möglich, kleine Impulse (Mikroimpulse) zu setzen. Deswegen konzentrierten wir uns auf kurze und prĂ€gnante Aussagen, die in dieser Umgebung funktionieren können. 

Zentral war es, Perspektiven im Umgang mit den eigenen GefĂŒhlen zu zeigen, die nicht zu einer VerhĂ€rtung fĂŒhren.

Gleichzeitig war es uns wichtig, keine alternativen MĂ€nnlichkeitsbilder zu propagieren, sondern verstĂ€ndlich zu machen, dass “MĂ€nnlichkeit” ein Begriff ist, der von jeder Person anders definiert wird und mehr heißt, als Andrew Tate und andere Maskulinisten festsetzen wollen.

Um die konkreten Ideen zu den Accounts zu entwickeln, trafen wir uns fĂŒr eine Woche als Team und arbeiteten mit der Design Sprint Methode, aber auch mit freier Assoziation und Brainstorming. Dank unserer umfangreichen Recherche auf TikTok hatten wir schon einige Profilvorbilder, die wir gut weiterentwickeln konnten. 

Auch hier war es wieder wichtig, unsere Botschaft fĂŒr jeden Account klar zu formulieren und uns ĂŒber die Ă€sthetischen Mittel bewusst zu werden. Wir machten diverse Probeaufnahmen, bevor wir uns auf sechs Accounts einigten.

Im nĂ€chsten Schritt holten wir uns von drei Expert*innen Feedback zu unseren Accountideen. Das Feedback ließen wir wiederum in die weitere Konzeptentwicklung einfließen, bevor wir die Besetzung fixierten.

Wir gaben der Kampagne, die in dieser Form Pilotcharakter hat, eine Laufzeit von drei Monaten.

In dieser Zeit nutzen wir organische und bezahlte Reichweite, um unsere Inhalte sehr aktiv auf die For You Page unserer Zielgruppe zu spĂŒlen. Um zu vermeiden, dass der Algorithmus die Videos Menschen außerhalb unserer Zielgruppe anzeigt, haben wir die Accountnamen nicht weitergegeben und das Projekt nicht öffentlich beworben.

Zu Beginn waren Kathi, Caspar und Luzia jeweils fĂŒr zwei Accounts pro Person verantwortlich, fĂŒr die Skripte geschrieben, gedreht und geschnitten werden mussten. Dabei haben wir schnell gemerkt, dass der Arbeitsaufwand grĂ¶ĂŸer ist als gedacht, weswegen wir auf einen Account pro Person reduzierten. 

Unsere Arbeitsweise war relativ selbststĂ€ndig. Jede Person hat Skripte fĂŒr ihren Account geschrieben, mit den Skripten sind wir in eine Feedbackschleife gegangen, damit auf jeden Fall mindestens zwei Personen auf jedes Skript schauen. Das Videomaterial, der Schnitt, die Musikauswahl und die Texte zu den Videos sind dann in Zusammenarbeit mit den Schauspielern entstanden und wurden nicht mehr einzeln gefeedbackt, außer wenn spezifisch gefragt wurde. Gleichzeitig waren wir durch wöchentliche Meetings in engem Kontakt und konnten Probleme, Ideen, Fragen und EindrĂŒcke besprechen. Außerdem waren wir natĂŒrlich telefonisch jederzeit erreichbar und haben uns gegenseitig unterstĂŒtzt, wenn auch zum Beispiel emotional herausfordernde Momente aufkamen. 

UngefÀhr nach einem Monat haben wir angefangen unsere Videos zu bewerben.

Das bedeutet, Views auf TikTok zu kaufen und dadurch noch mehr Menschen in unserer Zielgruppe zu erreichen. Bis dahin haben wir gelernt, Skripte, Schnitt, Musikauswahl und Hooks so zu optimieren, dass jedes Video immer auch erstmal eine organische Reichweite aufbauen kann.

Wir haben besonders die Videos beworben, die von sich aus gut liefen oder wichtige Messages hatten.

Parallel dazu hat Toni an unserer Website myke.fyi gearbeitet, die sowohl zur Dokumentation dient als auch weiterfĂŒhrende Links und Infos zu den Accounts und dem Projekt enthĂ€lt.

Mit dem letzten Video, das wir jeweils auf unseren Accounts gepostet haben, haben wir transparent gemacht, dass ein Team hinter den Accounts steht und haben die Website in die Bio der Accounts gestellt.